Passt die Inflationsberechnung auch in Pandemie-Zeiten?

29.09.2020 - Pressemitteilung Nr. 51

In ihrem aktuellen Standpunkt nehmen die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe erneut die Inflationsentwicklung unter die Lupe und betrachten insbesondere die strukturellen Auswirkungen seit Ausbruch der Corona-Krise.

Dabei zeigt sich: In den bisherigen Daten finden sich kaum Hinweise auf veränderte allgemeine Preistendenzen. Allerdings ist die jüngste Praxis der Preiserfassung mit erheblichen Unschärfen verbunden. Diese Unschärfen ergeben sich aus Annahmen, die man treffen muss, weil sich Preise nicht ermitteln ließen -  sogenannten „Imputationen“-  sowie aus gravierenden Verschiebungen im Ausgabeverhalten der Bürgerinnen und Bürger, weil der Konsum allgemein gesprochen näher an ihr wohnliches Umfeld heranrückte.

„Wir können im Zuge der Krise bisher keine schweren Preisverwerfungen feststellen“, sagt Uwe Dürkop, Chefvolkswirt der Berliner Sparkasse. „Noch fehlen uns die Hinweise, ob die Pandemie die Preisentwicklung im Zuge von Angebotsbeschränkungen eher anfacht oder sie im Zuge der allgemeinen Nachfrageschwäche vielmehr bremst.“ Die Preishistorie seit Corona-Ausbruch sei noch zu kurz, in ihren Entwicklungslinien zu uneinheitlich und in den Ausschlägen nicht prägnant genug, um schon Rückschlüsse auf Trendänderungen hin zu weniger oder mehr Inflation ziehen zu können.

„In diesem Jahr driften die Lebenswirklichkeit der Konsumentinnen und Konsumenten und der Warenkorb zur Inflationsermittlung auseinander, denn dieser stammt noch aus der Zeit vor Corona, stellt Dürkop fest. 2021 könne sich auf diese Weise erneut eine Verzerrung ergeben: Normalisiert sich das Ausgabeverhalten, würde es mit dem ungewöhnlichen Konsummuster dieses Jahres gewichtet. Dies sei mit Blick auf die Einschätzung des allgemeinen Preistrends auch deshalb von Belang, weil damit zunächst Ausgabekategorien mit im Trend unterdurchschnittlichen Preissteigerungen ein höheres Gewicht erhielten. „Hilfreich wäre daher ein erweitertes oder modifiziertes Angebot von Preisindizes, welches diese Problematik berücksichtigt“, schlussfolgert Dürkop.

„Wir prognostizieren für das zweite Halbjahr 2020 Inflationsraten im negativen Bereich. Für 2021 erwarten wir, dass die Inflationsrate dann wieder deutlich anziehen wird. Es gibt daher weder Anlass zur Sorge noch zu übereilten Maßnahmen“, so Dr. Reinhold Rickes, Leiter Volkswirtschaft beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV).

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