Rede von Helmut Schleweis anlässlich der Handelsblatt-Tagung „Zukunftsstrategien für Sparkassen“ zum Thema: Die Strategie der Sparkassen-Finanzgruppe in Berlin
22.02.2018 – Rede von Helmut Schleweis, Präsident DSGV
Es gilt das gesprochene Wort.
Meine Damen und Herren,
ich begrüße Sie herzlich hier in Berlin – meinem neuen Zuhause seit Anfang diesen Jahres, als ich das Amt des DSGV-Präsidenten übernommen habe.
Berlin hat inklusive meiner Frau und mir jetzt gut 3,6 Millionen Einwohner. Über die Hälfte davon sind Sparkassen-Kunden – mit jeweils ganz unterschiedlichen Wünschen, Träumen, Sorgen, Vermögensverhältnissen und Einkommensbiografien.
So wie hier sind die Sparkassen überall in Deutschland Marktführer. Rund 50 Millionen private Kunden und drei Viertel der deutschen Unternehmen vertrauen unserem Verbund. Gemeinsam mit unseren Verbundpartnern sind wir in drei Vierteln der deutschen Haushalte präsent.
Das ist eine große Stärke und Verantwortung zugleich. Denn wir alle erleben doch gerade, dass es nur sehr wenig Institutionen in unserer Gesellschaft gibt, die eine so starke Bindungs- und Integrationskraft aufweisen. Kaum eine Partei, Kirche, Institution oder gesellschaftliche Gruppe kann von sich behaupten, mehr als 50 Prozent der deutschen Bevölkerung von sich zu überzeugen. Und das gelingt auch nur ganz wenigen gewerblichen Anbietern.
Diese Marktverankerung der Sparkassen ist etwas ganz Besonderes – etwas, das wir pflegen und sehr behutsam behandeln müssen. Deshalb haben wir eine besondere Verantwortung, genau hinzuhören, was unseren Kunden und damit den Menschen in Deutschland insgesamt wichtig ist. Was wir in der Realität wahrnehmen, muss unsere Strategie bestimmen – nicht vermutete Trends, neue Blasen oder hippe Vorträge auf coolen Tagungen.
Ich bin über 30 Jahre Sparkassenvorstand vor Ort gewesen. Vor noch rund sieben Woche habe ich die letzten Kundengespräche geführt. Deshalb glaube ich, sehr gut die Wünsche unserer Kunden zu verstehen – genauso wie die Kolleginnen und Kollegen hier im Raum.
Und ich glaube auch, dass diese Kundennähe Sparkassen auszeichnet. Wir sind da besser als die meisten Wettbewerber. Und vor allem auch besser als manche Newcomer im Markt, deren Perspektive auf den deutschen Markt häufig sehr eingeschränkt ist. Unsere Kunden haben – gerade in zunehmend unsicheren Zeiten – einen großen Wunsch: Sicherheit.
- Sie wollen einfach und sicher bezahlen können, ohne sich über Ausforschung ihrer Daten, unterschiedliche technische Systeme oder gar Datenmanipulation Sorgen machen zu müssen. Und das soll überall funktionieren – am Kiosk, im Supermarkt, und natürlich auch im Internet.
- Unsere Kunden wollen Sicherheit für ihre künftige Finanz- und Vermögensituation. Sie wollen nicht für Sparanstrengungen bestraft oder volatilen Marktbewegungen ausgesetzt werden.
- Unsere Firmenkunden wollen über Jahre hinweg verlässliche Partnerschaften, auf die sie sich auch in schwierigen Zeit verlassen können – die sicher auch wieder kommen werden. Und sie wollen eine Begleitung ihrer wirtschaftlichen Expansion, vor allem auch bei internationalen Geschäften.
- Und alle unsere Kunden wollen in einem attraktiven wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Umfeld wohnen und arbeiten. Das gilt besonders in den Regionen, die eher zur Peripherie des Landes gehören.
Aus meiner Sicht beschreiben diese vier grundlegenden Kundenwünsche die heutigen Anforderungen an Sparkassen und ihre Verbundpartner. Meine Vorstellung ist, diese Anforderungen zum Ausgangspunkt aller unserer strategischen Überlegungen zu machen.
Es geht also um zeitgemäßes, sicheres Bezahlen, verlässlichen Vermögensaufbau und Vermögensschutz, um stabile Firmenkundenbeziehungen mit Fähigkeit zur Begleitung internationaler Geschäfte und um wirtschaftliche Dynamik in allen Teilen Deutschlands. Zu diesen vier Punkten möchte ich heute etwas sagen.
Sie werden verstehen, dass ich dabei – meiner bisherigen Berufstätigkeit entsprechend – sehr praktisch veranlagt bin.
Die Dynamik unserer gesamten Wirtschaft basiert darauf, dass der Gegenwert für erbrachte Leistungen schnell und sicher gezahlt werden kann. Das funktioniert dann gut, wenn das Bezahlen kaum spürbar ist. Deshalb muss unsere Strategie sein: Wir wollen so gut sein, dass die Menschen das Bezahlen nicht als Hürde empfinden. Natürlich sollen sie es schon noch selbstbestimmt auslösen. Aber nicht, indem sie erst technische Verfahren studieren müssen.
Wir stehen dafür, dass die Menschen selbst entscheiden können, wie sie bezahlen wollen. Bislang entscheiden sie sich dabei überwiegend für Bargeld. Das ist übrigens nicht nur eine deutsche Gewohnheit, sondern eine europaweite. Wir respektieren den Wunsch unserer Kunden. Deshalb bieten die Sparkassen das mit Abstand dichteste Netz für die Bargeldversorgung in Deutschland an. Das ist ein Leistungspaket aus aktuell 25.000 Geldautomaten und noch einmal fast so vielen Kassenplätzen in unseren Filialen.
In der zunehmenden Online-Welt allerdings ist Bargeld – das wird jeder einsehen – sehr unpraktisch. Hier ist es also wichtig, eine Alternative anzubieten, die den Vorteilen von Bargeld möglichst nahekommt.
Hier haben wir große Fortschritte gemacht. Schon jetzt können Sparkassenkunden mit „Kwitt“ Geld von Handy zu Handy senden. Seit Dezember letzten Jahres geht dies auch in Echtzeit. Das bedeutet: Das Geld ist wirklich beim Empfänger, nicht nur die Ankündigung. Damit sind wir die ersten, die Instant Payment real anbieten.
Aus dem Stand sind wir mit Kwitt der wichtigste Anbieter für sogenannte P2P-Anwendungen in Deutschland geworden. Geld senden und empfangen ist jetzt so einfach wie eine SMS schicken – egal ob für die Klassenkasse gesammelt oder eine Restaurant-Rechnung geteilt werden soll. Nach gut einem Jahr am Markt hat Kwitt inzwischen 680.000 Nutzer, wächst weiter dynamisch und ist damit eine der erfolgreichsten Anwendungen im mobilen Bezahlverkehr in Deutschland.
Wir wollen, dass unsere Kunden mit diesem sicheren und schnellen System auch Kunden anderer Institute erreichen können. Sprich: wir wollen Kwitt zum Marktstandard machen. Deshalb werden wir Kwitt auch anderen Kreditinstituten zur Verfügung stellen. Ich erwarte dazu schon bald konkrete Vereinbarungen.
Solche Standards aus der deutschen Kreditwirtschaft heraus sind wichtig, um unsere Kunden nicht internationalen Internetgiganten auszuliefern. Denn diese wollen eigentlich keinen Zahlungsverkehr anbieten, sondern die Zahlungsverkehrsgewohnheiten unserer Kunden ausforschen.
Ein zweiter sehr wichtiger Schritt in diesem Jahr wird das Mobile Bezahlen sein. Schon jetzt sind die 40 Millionen Girokarten der Sparkassen mit einem NFC-Chip ausgestattet. Unsere Kunden sind damit schon für mobiles Bezahlen ausgerüstet.
Jetzt gehen wir einen Schritt weiter: Den heute auf der Plastikkarte festgeschweißten Chip bringen wir in das Handy der Kunden. Die gewohnte Girocard wird dann auch im Handy zu sehen sein. Unsere Kunden werden dann entscheiden können, ob sie beim mobilen Bezahlen die Girocard oder das Handy benutzen – es ist eine unterschiedliche Haptik, aber immer die gleiche Technik.
Das ist evolutionärer Fortschritt – wir nehmen unsere Kunden mit. Sie können das nutzen, was sie kennen und schrittweise neue Erfahrungen machen. Mitte 2018 wird so das Bezahlen per Handy an der Scanner-Kasse möglich. Vor allem bei kleineren Beträgen wird das den Alltag erleichtern. Denn Beträge unter 25 Euro können mit ihr schnell und einfach bezahlt werden – ganz ohne „PIN“.
Bereits jetzt ist aber ein noch größerer Schritt absehbar, der nach meiner Einschätzung eine wirkliche Umwälzung der Bezahlwelt bringen wird: das Überweisen in Echtzeit, Instant Payments.
Stellen Sie sich vor, Sie können an jedem Bezahlpunkt – an der Kasse, im Internet, bei einer Überweisung oder bei der Handy-Zahlung – ohne Zeitverzug das Geld zum Empfänger bringen. Dann brauchen Sie keine Daten-Zwischenhändler mehr. Die Ware kann sofort ausgehändigt oder versandt werden. Beide Seiten können ihre Verpflichtungen ohne Zeitverzug sofort erfüllen.
Instant Payment ist damit das Bargeld des Internet-Zeitalters. Es wird mittelfristig viele Zahlungsverfahren überflüssig machen, über die wir uns heute noch viele Gedanken machen müssen. Vor allem ist es für Händler am Point of Sale sehr attraktiv, weil fremde Zahlungsdiensteanbieter nicht mehr in den Besitz der Kundendaten kommen. Mit der EchtzeitÜberweisung gewinnen die Kunden also die Hoheit über ihre Daten zurück – und die Händler müssen wertvolle Kundendaten nicht mehr mit Trittbrettfahrern teilen.
Die Sparkassen werden die erste Institutsgruppe in Deutschland sein, die Mitte 2018 Echtzeit-Überweisungen flächendeckend einführt. Auch hier sind wir sehr daran interessiert, dass unsere kreditwirtschaftlichen Wettbewerber nachziehen. Denn die Hausbank-Verbindung darf keinen Unterschied machen, ob Privatpersonen und Unternehmen diese Technologie nutzen können.
Nun münden alle Zahlungsvorgänge unserer Kunden in das Sparkassen-Girokonto. Deshalb ist das Girokonto der Kern unserer Payment-Strategie. Das Sparkassen-Girokonto ist natürlich in der Filiale und an Selbstbedienungsterminals erreichbar.
Eine ungleich größere Rolle spielen aber inzwischen die Sparkassen-Internetfiliale und die SparkassenApp. Das belegen 12 Milliarden Online-Kontakte und mehr als 800 Millionen Kundenkontakte per App im vergangenen Jahr.
Wir wollen, dass die Kunden über beide Wege alle ihre Konten, also auch solche bei Wettbewerbern, ansteuern und verwalten können. Diese sogenannte Multibankenfähigkeit ist heute in der SparkassenApp schon gegeben.
Wir werden ab Sommer 2018 auch die Internetfiliale, also unser Online-Banking, multibankenfähig machen. Unsere Anwendungen werden zur Online-Drehscheibe aller Finanzvorgänge der Kunden. Wir binden damit das Sparkassen-Girokonto in ein umfassendes Finanz-Ökosystem ein. Mit unserer breiten Marktverankerung bei Privat- und Firmenkunden dürften wir einer der wenigen Anbieter in Deutschland und Europa sein, der das aus eigener Kraft kann.
Nun wissen wir aber auch: Ökosysteme funktionieren nur dann erfolgreich, wenn sie unterschiedliche Lebensbereiche integrieren – also auch solche, die die Sparkassen nicht beherrschen. Wir werden also lernen müssen, uns zu öffnen - und unser Wissen und unsere Vorgehensweisen mit anderen zu teilen.
Noch im ersten Halbjahr 2018 erweitern wir unser Ökosystem deshalb um den Identifikationsdienst YES. Unsere Kunden können sich dann im Internet mit ihren bei uns liegenden Daten identifizieren, ohne diese an den Anbieter übertragen zu müssen – Datennutzung und Datensparsamkeit gleichzeitig.
Händler im Netz erhalten von der Sparkasse eine Bestätigung, dass dieser Kunden mit diesen Daten existiert, und auch, dass er für dieses Geschäft die notwendige Bonität hat. Stellen Sie sich dies einfach wie die frühere Eurocheque-Garantie im Internet vor. Voraussetzung ist immer, dass unser Kunde ausdrücklich der Datenbestätigung durch uns zustimmt. Ohne seine Zustimmung machen wir nichts.
Auch bei diesem Angebot wollen wir gerne mit den übrigen Partnern der deutschen Kreditwirtschaft zusammenarbeiten. Auch hier erwarte ich schon bald entscheidende Schritte. Mit unserem Angebot sind wir Wettbewerbern aus der deutschen Wirtschaft weit voraus, die gemeinsam Kundendaten erst noch sammeln wollen. Wir haben sie schon.
Bei Bezahlverfahren geht es vor allem um Datensicherheit. Sparkassen haben sich aber immer schon weit umfassender um die finanzielle Sicherheit ihrer Kunden gekümmert. Die persönliche Beratung und der „Vermögensaufbau für alle“ sind unser Wesenskern.
Die Sparkassen übernehmen damit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die angesichts immer stärker aufgehender Schere bei der Einkommens- und Vermögensverteilung auch sozialpolitisch immer wichtiger wird. Trotz sehr guter Wirtschaftslage ist es für viele Menschen schwerer geworden, Wohlstand zu bilden oder zu halten. Das liegt nicht zuletzt an der Geldpolitik: Sie hat Zinsen abgeschafft und eine immense Inflation der Realwerte ausgelöst.
In den deutlich gestiegenen Immobilienpreisen ist dies sichtbar. Kauf oder Bau von Immobilien ist deshalb für viele Normalverdiener nahezu unerschwinglich geworden – das gilt jedenfalls in den Ballungsräumen. Die jetzt im Koalitionsvertrag vorgesehene Förderung durch das Baukindergeld ist deshalb notwendig, aber kaum ausreichend.
Entscheidend wäre auch, die teilweise sehr hohen Grunderwerbsteuern auf Landesebene zurückzufahren. Wenn Sie etwa vor den Toren Berlins eine Immobilie kaufen wollen, sind Sie bereits 6,5 Prozent des Kaufpreises los. Für viele unserer Kunden ist das bereits ein Drittel ihres Eigenkapitals.
Wir beobachten deshalb, dass die Immobilie zwar der Wunsch Nummer 1 ist – Kunden ihren Traum von den eigenen vier Wänden aber seltener für realistisch halten. Für die meisten unserer Kunden sind deshalb Wertpapiere die einzige realistische Option, um langfristig einen Wertzuwachs zu erreichen.
Es ist deshalb an der Zeit, dass wir „Sparen“ neu verstehen. Denn durch das klassische Sparen im Sinne von „Beiseitelegen“ wird im Zinstief keiner mehr reich. Aber Sparen durch richtiges Investieren – das trägt. Es ist unsere Aufgabe als Sparkassen, unsere Kunden dabei stärker zu unterstützen.
Heute muss deshalb gelten: Jeder Kunde hat ein Recht auf Wertpapierberatung. Das ist in erster Linie ein Anspruch an uns selbst. Denn wenn es um komplexe Produkte, um die eigene finanzielle Zukunft geht, wollen und brauchen die Menschen persönliche Beratung. Deshalb ist es wichtig, dass die Sparkassen überall in Deutschland ein dichtes Netz an qualitätsvoller Beratung anbieten.
Es ist zugleich ein Anspruch an unsere Verbundpartner, vor allem an die Deka, gute Anlagemöglichkeiten zuzuliefern. Deshalb ist es wichtig, dass die Deka als Wertpapierhaus der Sparkassen die Performance ihrer Fonds deutlich verstärkt hat – und dafür gerade vom Finanzen Verlag zur „Fondsgesellschaft des Jahres“ gekürt worden ist.
Es ist wichtig, dass wir die Vertriebsunterstützung der Deka für die Sparkassen deutlich ausgebaut haben. Und es ist auch entscheidend, dass Wertpapiersparen schon mit kleinsten monatlichen Beträgen möglich ist.
Aber das Recht auf Wertpapierberatung ist auch ein Anspruch an den Gesetzgeber. Wertpapiere werden nur dann ein selbstverständlicher Teil privater Vermögensbildung, wenn Beratung für Menschen aller Einkommensgruppen erreichbar bleibt.
Etwa ein Viertel der Deutschen betreibt heute keine private Altersvorsorge – viele davon mit der Begründung, dass sie sich Vorsorge nicht leisten können. Deshalb halten wir es für falsch, Beratung mit einer Art „Eintrittsgeld“ zu versehen, wie dies bei Honorarberatungen erfolgt. Denn das hält gerade die Bezieher kleiner Einkommen von der notwendigen Beratung ab.
Gute Regulierung sollte die Hürden für Beratung senken und möglichst vielen Menschen Wertzuwächse durch Wertpapiere erschließen. Gesetzliche Preisgrenzen, Produktvorgaben oder auch überfrachtete Regelwerke wie MiFID und Priips hingegen lösen bei Vorständen den natürlichen Impuls aus, die Wertpapierberatung ad acta zu legen. Der Erhalt der provisionsbasierten Beratung entscheidet wesentlich über unsere betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten, in der Fläche präsent zu bleiben.
Präsenz in der Fläche ist nicht nur für private Kunden wichtig. Sie ist auch unverzichtbar für den deutschen Mittelstand. Die Sparkassen und ihre Verbundpartner sorgen dafür, dass von Ratzeburg bis Dinkelsbühl mittelständische Firmen Arbeitsplätze schaffen, neue Produkte entwickeln und Märkte besetzen.
Die Wirtschaft brummt – das Kreditgeschäft auch. Nach den ersten Zahlen haben die Sparkassen 2017 im Kreditneugeschäft mit Unternehmen und Selbstständigen einen neuen Rekord eingefahren. Das ist aus meiner Sicht auch der Bereich, in dem wir weiterhin am stärksten wachsen können.
Allerdings sind die Potenziale in der reinen Kreditversorgung endlich. Angesichts einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote im deutschen Mittelstand von über 28 Prozent sind die Unternehmen in aller Regel gut kapitalisiert. Aber es gibt darüber hinaus ein breites Feld geschäftlicher Ansatzpunkte:
- indem wir zum Beispiel die Digitalisierung der Unternehmen begleiten,
- Geschäftsnachfolgen organisieren
- oder die Markterschließung im In- und Ausland gezielter unterstützen.
Hier sind wir mit den vielfältigen Kompetenzen unseres Verbundes in einer sehr guten Ausgangslage. Deshalb sollten wir die Angebote unserer Gruppe für das Mittelstandsgeschäft besser bündeln und effektiver ausspielen.
Für eine solche Arbeitsteilung gibt es viele Wege. Immer mehr Sparkassen tun sich zum Beispiel in Kompetenz-Centern für das internationale Geschäft zusammen. So bilden sie gemeinsam mit den Landesbanken ein enges Netz an Finanzierung und Begleitung auf neue Märkte.
Das zeigt, dass nicht nur Konsolidierung, sondern auch kluge Vernetzung im Verbund erste Erfolge bringen und weiter intensiviert werden kann. Deshalb wird uns in allen Geschäftsbereichen verstärkt die Frage beschäftigen, wie wir unsere Kräfte in der gesamten Gruppe sortieren und die Arbeitsteilung verbessern können. Gemeinsam sollten wir wieder stärker die Gesamtleistung des Verbundes herausstellen - unter anderem als wichtigster Finanzierer des deutschen Mittelstands.
Diese Leistung braucht verlässliche Rahmenbedingungen. Denn woher kommen die Mittel, Betriebe aller Branchen und Größenklassen zuverlässig zu finanzieren? Sie kommen maßgeblich aus den Einlagen unserer Kunden, private, gewerbliche und institutionelle. Und die Kunden kommen weiterhin mit ihren Einlagen zu uns. An hohen Zinsen liegt das aktuell wohl nicht – wohl aber an der Sicherheit, die wir ihren Einlagen bieten.
Dieser sichere Kreislauf aus Einlagen und Krediten ist das Lebenselixier der deutschen Wirtschaft. Die Stabilität unserer deutschen Wirtschaft ist wesentlich davon abhängig, dass die Sparer auf die Sicherheit ihrer Einlagen vertrauen. Dieses Vertrauen würde beschädigt, wenn die vorhandenen Sicherungsmittel zur Stützung von fremden Banken in anderen Teilen Europas herhalten müssten.
Aus meiner Sicht wird die psychologische Wirkung so mancher Pläne zur Zusammenführung der Mittel von manchen Handelnden in Brüssel deutlich unterschätzt. Und es wäre auch nicht richtig, wenn deutsche Sparer Banken retten müssten, die mit Staatsanleihen ihrer Heimatländer vollgesogen sind. Deshalb werden Pläne, die Einlagensicherung in Europa zu vergemeinschaften, nicht unsere Zustimmung finden.
Der Koalitionsvertrag für die neue Bundesregierung stellt richtig fest, dass Risiko und Haftung nicht getrennt werden dürfen. Damit ist eine Transferunion bei den Sicherungsmitteln nicht vereinbar. Die Institutssicherung der dezentralen Verbünde in Deutschland muss voll funktionsfähig bestehen bleiben.
Die neue Koalition hat auch in einem anderen Punkt Recht. Deutschland braucht mehr Einsatz für die Attraktivität des ländlichen Raums. Es gibt inzwischen eine deutliche Wanderungsbewegung in die Ballungsräume, zu Lasten des ländlichen Raums und vieler mittlerer Städte. Das schafft auch für die Ballungsräume Probleme. Denken Sie nur an Mieten und Immobilienpreise – ich sprach gerade darüber.
Für die ländlichen Räume bedeutet diese Wanderungsbewegung immer weniger wirtschaftliches Leben, weil sich dann auch Einzelhandel, Schulen, Ärzte und andere Nahversorger zurückziehen. Das hat erst einmal mit der Finanzwirtschaft nichts zu tun – trifft uns aber im Kern. Denn wir sind in unserer Geschäftstätigkeit auf attraktive Regionen angewiesen. Wir können nicht Filialen in Regionen unterhalten, wo es zu wenig attraktives wirtschaftliches Leben gibt.
Deshalb werben wir als Sparkassen-Finanzgruppe für eine gemeinsame Kraftanstrengung aller gesellschaftlichen und politischen Kräfte, der Verwaltung und aller Teile der Wirtschaft für eine Belebung der ländlichen Räume. Dabei wissen wir die kommunalen Träger an unserer Seite. Die Sparkassen werden ihren Teil dazu beitragen:
- durch flächendeckende Beratung
- durch ein umfassendes Netz finanzwirtschaftlicher Infrastruktur
- durch ergänzende digitale Zugangswege
- und durch ein weiterhin sehr starkes Mittelstandsgeschäft.
Dafür arbeiten jeden Tag bundesweit 230.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Sparkassen mit großem Einsatz. Das darf ihnen aber nicht immer schwerer gemacht werden.
Die Komplexität und die schiere Menge bei den regulatorischen Anforderungen für Meldewesen, Offenlegung und sonstige Informationspflichten ist organisatorisch kaum noch leistbar. Die Regulierung ist inzwischen der am stärksten wachsende Kostenblock in jeder Sparkasse. Deshalb ist eine Regulierung mit mehr Augenmaß notwendig.
Dazu gehört auch, dass unsere Grundstrukturen respektiert und wo möglich gefördert werden. Das beginnt beim Schutz der Institutssicherung, umfasst aber auch die Gleichberechtigung für Verbünde etwa im Kartellrecht.
Es ist deshalb gut, dass sich die Koalition in ihrer Vereinbarung nicht nur zur Förderung des ländlichen Raums, sondern eben auch ausdrücklich zu Sparkassen und Genossenschaftsbanken bekannt hat. Beides gehört zusammen, wenn wir überall in Deutschland etwa gleichwertige Lebensbedingungen sicherstellen wollen.
Die Sparkassen und ihre Verbundpartner sind stark – stärker als uns viele Außenstehende häufig zutrauen. Und auch stärker, als wir uns selbst zuweilen zutrauen.
Das zeigt sich nicht nur in der eingangs geschilderten einzigartigen Marktverankerung. Es zeigt sich auch in den Geschäftsergebnissen. Die Zahlen für 2017 fallen besser aus, als die Hochrechnungen der Vergangenheit erwarten ließen. Nur waren nicht die Prognosen falsch – die Niedrigstzinspolitik belastet uns sehr. Die Vorstände der Sparkassen-Finanzgruppe haben aber entschlossen und unternehmerisch erfolgreich gehandelt – das ist jetzt erkennbar.
Natürlich ist uns allen bewusst, dass wir dabei auch unseren Kunden einiges abverlangen mussten. Umso erfreulicher ist es, dass wir dennoch in fast allen Marktbereichen wachsen – oder unsere Marktdurchdringung mindestens halten konnten, nicht zuletzt bei den wichtigen Hauptbank-Verbindungen. Dort haben wir die leichten Erosionsbewegungen der letzten Jahre sogar stoppen können. Das ist sehr erfreulich.
Dezentral entscheiden, und gemeinsam erfolgreich sein – das hat sich bewährt. Deutschland ist stark, weil es so föderal aufgebaut ist. Und die Sparkassen-Finanzgruppe ist stark, weil bei uns vor Ort dezentral entschieden wird. Das zu erhalten wird die größte Aufgabe der nächsten Jahre sein.
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