Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe: EZB kann Leitzinsen ab Juni senken

Preisniveaustabilität ist noch nicht wieder erreicht. Allerdings sind die Lebenshaltungskosten in ihrer Entwicklung zuletzt schon wesentlich berechenbarer geworden. Dieser Erfolg muss nun gefestigt werden. Denn obwohl der erlittene Preisschock weitgehend hinter uns liegt, ist er wirtschaftlich noch final aufzuarbeiten. Insbesondere gilt es, erlittene Kaufkraftverluste aufzufangen, ohne dabei den Boden für dauerhaft erhöhte Inflationsraten zu bereiten. Nicht zuletzt deshalb sind aktuelle Produktivitätstrends und veränderte Terms of Trade zu würdigen.

Ein gutes Jahr nachdem die Teuerungswelle im Euroraum und in Deutschland im Oktober 2022 ihren Höhepunkt erreicht hatte, ist die Inflationsrate wieder auf unter drei Prozent gesunken.

Dazu beigetragen haben einerseits Marktreaktionen und Normalisie-rungen nach den corona- und kriegsbedingten Preisschocks. Ande-rerseits hatte aber auch die Geldpolitik eine der schärfsten Zinswenden der europäischen Geldgeschichte vollzogen. Die EZB hat damit ihre Glaubwürdigkeit gestärkt.

Mittlerweile wendet sich der Blick wieder in die Gegenrichtung: Wie lange müssen die Notenbanken noch warten, bis sie ihre Geldpolitik wieder lockern können? Unserer Ansicht nach sind bei einer Fort-setzung der jüngsten Trends Zinssenkungen ab Juni möglich, das Tempo sollte jedoch langsamer und vorsichtiger sein als gegen¬wärtig am Markt eingepreist.