Scholz für zielgenaue und verhältnismäßige Regulierung
Weitere Anstrengungen für die Vollendung der Bankenunion hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz in seiner Rede beim 26. Deutschen Sparkassentag gefordert.
„Wir haben mit dem Europäischen Aufsichts- und Abwicklungsmechanismus viel erreicht", betonte Scholz vor 2500 Vertretern von Sparkassen, Landesbanken, weiteren Verbundunternehmen und kommunalen Spitzenvertretern: „Wenn man es mit dem Bau eines Hauses vergleicht, gilt es nun, das Dach zu schließen.“ Besonders wichtig seien Fortschritte beim weiteren Risikoabbau – den sogenannten Non Performing Loans – innerhalb des Euro-Raumes. „Die Risiken sind in den einzelnen Mitgliedsstaaten sehr ungleich verteilt.“ Der Abbau werde allerdings erheblich durch das in den EU-Mitgliedsstaaten unterschiedliche Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsrecht erschwert. „Der Status Quo kann hier nicht das letzte Wort sein“, so Scholz. Auch wenn die Interessendivergenzen groß seien, müssen man zu Harmonisierungen kommen.
Eine weitere wichtige Frage für die Vollendung der Bankenunion liege in der künftigen Behandlung von Staatsanleihen. „Wie gut es uns gelingt, Lösungen für Staatsanleihen zu finden, ist entscheidend für die Frage der Einlagensicherung in der EU“, so Scholz. Nicht nur mit diesen Aussagen stellte sich Scholz in Hamburg an die Seite der Sparkassen. Der Bundesfinanzminister unterstrich in seiner Rede auch die Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Sparkassen für die Stabilität des Finanzmarktes insgesamt. „Glauben Sie mir, es ist nicht einfach, in Washington oder Brüssel die Vorteile des deutschen Drei-Säulen-Systems nahezubringen – aber ich bin überzeugt davon, dass es das richtige System ist und die Sparkassen spielen darin eine wichtige Rolle.“ Sparkassen hätten nicht zuletzt in der Finanzkrise gezeigt, warum sie gebraucht würden. „Ihre Institute können die Situation vor Ort häufig besser einschätzen als andere.“
Scholz unterstrich, dass der Bundesregierung Zielgenauigkeit und Verhältnismäßigkeit bei der Regulierung wichtig seien. Dies gelte insbesondere auch für die anstehende Überprüfung der MiFID-Regeln. „Wir sprechen darüber nicht nur mit der Aufsicht, sondern auch mit der Wissenschaft und Ihnen.“ Die Ergebnisse der Konsultationen würden derzeit ausgewertet. Dies gelte insbesondere auch für den Bereich der Informationspflichten bei der Wertpapierberatung, die, so der Bundesfinanzminister, „zum Teil über das Ziel hinausschießen“.
Als zusätzlichen Ausdruck der engen Verbundenheit zwischen Bundesregierung und regional orientierten Kreditinstituten verwies Scholz auf die im Bankenpaket enthaltenen Regeln: „Wir haben uns für passgenaue Regelungen eingesetzt; die erzielten Erleichterungen kommen besonderes den kleineren Kreditinstituten in Deutschland zugute“, so Scholz. Er ermutigte die Sparkassen, die digitalen Umwälzungen nicht nur als Herausforderungen, sondern auch als Möglichkeiten zu sehen. „Diese Entwicklungen kommen den Kunden zugute, denen sich dadurch immer neue Möglichkeiten bieten.“
Die Sparkassen-Finanzgruppe habe frühzeitig die Bedeutung der zunehmenden Digitalisierung erkannt und inzwischen einen zentralen IT-Dienstleister geschaffen. Mit „Kwitt“ hätten die Sparkassen gemeinsam mit den Genossen ein erfolgreiches Handy-Bezahlverfahren etabliert, für „paydirekt“ sieht der Finanzminister noch „großes Marktpotenzial“. Scholz: „Bleiben Sie Vorreiter bei der digitalen Entwicklung.“ Er kündigte an, dass die Bundesregierung auch im Bereich digitaler Entwicklungen künftig einen stärkeren europäischen Ansatz verfolgen werde, um keine Abhängigkeit von den wenigen digitalen Internetgiganten entstehen zu lassen.
Scholz stellte klar, dass es bei der durch die PSD-II Regulierung erforderlich gewordenen Schnittstellenöffnung noch Diskussionsbedarf gäbe. „Wir sehen, dass Kreditinstitute ihre Schnittstellen öffnen müssen, andere Unternehmen aber nicht – das ist nicht ganz fair und etwas einseitig“, so Scholz. Im Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie warb Scholz dafür, europäische Technologien zu entwickeln und einzusetzen. „Überall dort, wo elektronische Wege einfacher zu nutzen sind als die Papierform, sollten wir sie nutzen.“ Dies gelte auch für die Zulassung von elektronischen Wertpapieren, die von der Bundesregierung geprüft werde.