DSGV-Pressekonferenz zum Weltspartag

24.10.2018 – Statement von Helmut Schleweis, Präsident des DSGV

Es gilt das gesprochene Wort.

Meine Damen und Herren,

ich darf Sie zur Pressekonferenz des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes zum Weltspartag 2018 herzlich willkommen heißen.

Der Weltspartag ist ein wichtiger Tag – nicht nur für die jungen Sparkassenkunden. Er macht bewusst, wie wichtig das Sparen für die finanzielle Vorsorge ist. Denn das Sparen hilft nicht nur, Wünsche Realität werden zu lassen. Richtiges sparen hilft auch dabei, in Zeiten niedriger Zinsen die Entwertung des eigenen Vermögens zu verhindern.

Zum Weltspartag präsentiert der Deutsche Sparkassen- und Giroverband regelmäßig das Vermögensbarometer. Mit dieser Umfrage erfassen wir Trends und Wünsche der Bevölkerung rund ums Sparen. Auch in diesem Jahr haben wir wieder rund 2.800 Menschen zu ihren finanziellen Angelegenheiten befragt.

Die drei wichtigsten Erkenntnisse, die wir gewinnen konnten, sind:

  • Noch nie war die finanzielle Zufriedenheit der Deutschen so hoch wie jetzt: 63 Prozent von ihnen sind zufrieden oder sogar sehr zufrieden.
  • Trotz der aktuellen Krisen in Geld- und Weltpolitik bleibt die Sparkultur der Deutschen robust. Vier von fünf Deutschen legen regelmäßig Geld für ihre Altersvorsorge zur Seite oder planen, für ihren Ruhestand vorzusorgen.
  • Vor allem Frauen bevorzugen stabile, weniger renditestarke Geldanlagen. Dieser Wunsch stellt sie angesichts niedriger Zinsen vor große Herausforderungen, gerade im Hinblick auf ihre Altersvorsorge. Frauen und ihre Anlagepräferenzen sind dieses Jahr unser Fokusthema.

Gemeinsam werden wir jetzt einen genaueren Blick auf die Ergebnisse des Vermögensbarometers werfen. Denn das Ziel muss es sein, aus der finanziellen Zufriedenheit von heute die finanzielle Absicherung für morgen zu gestalten.

 

Die Wirtschaft in Deutschland boomt, die Unternehmen wachsen. Der Arbeitsmarkt ist hervorragend ausgelastet und die Reallöhne sind zuletzt wieder gestiegen. All das spüren die Menschen: Fast zwei Drittel der Deutschen sind mit ihrer finanziellen Situation zufrieden oder sogar sehr zufrieden – und zwar über alle Altersgruppen hinweg. 63 Prozent beurteilen ihre finanzielle Lage gut oder sogar sehr gut. Das sind vier Prozentpunkte mehr als im letzten Jahr.

Das ist der höchste Wert, den wir bisher ermittelt haben und ein sehr gutes Signal aus der Gesellschaft.

Bemerkenswert dabei ist, dass jeder Vierte sogar davon ausgeht, dass es ihm in den kommenden zwei Jahren noch besser gehen wird. Nur acht Prozent der Befragten sind mit ihrer aktuellen finanziellen Situation unzufrieden oder sogar sehr unzufrieden. Allen voran gehen in Sachen Zufriedenheit die Hessen: 72 Prozent von ihnen sehen ihre finanzielle Lage positiv, dicht gefolgt von den Rheinland-Pfälzern und den Bayern. Etwas skeptischer sind dagegen die Berliner und die Brandenburger – aber auch hier fühlt sich immer noch jeder Zweite finanziell gut oder sogar sehr gut aufgestellt.

Allerdings verführt die hohe finanzielle Zufriedenheit die Menschen in Deutschland nicht zum übermäßigen Geldausgeben: Fast drei Viertel der Befragten haben ihren Konsum in den letzten zwölf Monaten nicht verändert. Dieser Wert ist seit vier Jahren stabil mit nur minimalen Schwankungen um etwa zwei Prozentpunkte. Das Geld fließt also – mit weiterhin leicht steigender Tendenz – in die Ersparnisbildung.

Beim Sparen spricht man oft von einer „deutschen Tugend“. Und tatsächlich sind wir in Europa traditionell beim Sparen immer ganz vorne mit dabei. Mit 9,9 Prozent lag die Sparquote der privaten Haushalte in Deutschland in 2017 deutlich über dem Durchschnitt für den Euroraum von 5,5 Prozent. Auch für dieses und nächstes Jahr erwarten die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe eine Sparquote von 10 Prozent für Deutschland. Dabei legen die Deutschen seit Jahren eine konstante und robuste Sparkultur an den Tag. Auch dieses Mal gaben 80 Prozent der Befragten an, finanziell vorzusorgen oder dies zu planen. Das entspricht einem Plus von acht Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Erfreulicherweise ist die Zahl derjenigen, die sich dazu finanziell nicht in der Lage sehen, von 13 Prozent auf 9 Prozent gesunken. Das deutet darauf hin, dass die gute wirtschaftliche Lage – wenn auch in unterschiedlicher Intensität – in allen Bevölkerungsteilen ankommt.

Sparmotivation Nummer eins ist nach wie vor die Altersvorsorge: 28 Prozent der Umfrageteilnehmer wollen mit den Rücklagen ihre Zukunft absichern. Dicht gefolgt vom Sparen für den berühmten Notgroschen, „damit man hat, wenn man braucht“. Erst auf Platz 3 folgt der Wunsch zu sparen, um sich vom Ersparten später etwas Schönes gönnen zu können. Dabei ist gerade das, wie ich finde, sehr wichtig – denn sparen sollte nicht nur Pflichtübung sein, sondern auch eine Kür. Das Motto sollte lauten: Wer fleißig spart, darf auch jetzt schon etwas davon haben.

Die robuste Sparkultur der Deutschen trotzt fast allen welt- und geldpolitischen Krisen: Für 39 Prozent der Befragten gibt es keine aktuelle Entwicklung, die ihnen beim Sparen Sorgen bereitet. Das ist ein deutlicher Anstieg, denn im letzten Jahr waren nur 25 Prozent sorgenfrei. Dabei ist insbesondere der Anteil derjenigen, denen die Geldpolitik der EZB Bauchschmerzen bereitet, stark gesunken: von 53 auf 32 Prozent. Es sieht so aus, als hätten sich die Deutschen nach all den Jahren an die niedrigen Zinsen gewöhnt. Immerhin 38 Prozent der Befragten haben inzwischen ihr Sparverhalten angepasst: Einige sparen mehr, um die Inflation aus eigener Kraft auszugleichen. Und fast jeder Fünfte hat bereits nach alternativen, renditestärkeren Anlageformen gesucht, um der Entwertung des Vermögens vorzubeugen.

Allerdings stehen diesen Menschen auch 13 Prozent gegenüber, die weniger sparen als vorher. Wohl auch, weil sie dadurch das Gefühl haben, weniger zu verlieren. Unsere Aufgabe ist es, diese Menschen abzuholen und ihnen zu zeigen, welche individuellen Möglichkeiten sie haben, ihr Vermögen auch in Zeiten niedriger Zinsen zu sichern. Denn Vermögensbildung ist und bleibt zu jeder Zeit ein wichtiges Thema.

Eine Sorge keimt allerdings auf, gegen die keine Geldanlage hilft. Denn zehn Prozent der Befragten bereitet die politische Lage zunehmend Kopfzerbrechen. Dieser Wert hat sich gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Besonders betroffen fühlen sich Menschen mit hohem Einkommen und Vermögen: 21 Prozent der Befragten, die über 125.000 Euro auf der hohen Kante haben, fühlen sich und ihre Rücklagen durch die aktuellen Herausforderungen in der globalen Handelspolitik bedroht. Die Angst, hart erarbeitetes und erspartes Geld zu verlieren, ist also da.

Die Deutschen wünschen sich stabile Geldanlagen und die Möglichkeit, jederzeit ungehindert an ihr Erspartes zu kommen. Viele Menschen sind finanziell nicht bereit, sich langfristig zu binden und wollen lieber flexibel bleiben. Die Deutsche Bundesbank hat ermittelt, dass 2017 immer noch fast doppelt so viel Geld in liquide Anlageformen geflossen ist wie beispielsweise in Investmentfonds und Aktien. Auch die Sparkassen sehen bei ihren Privatkunden bereits seit einiger Zeit den Trend zur kurzfristigen Geldanlage im Einlagengeschäft: Rund 60 Prozent der privaten Kundeneinlagen sind gegenwärtig täglich fällige Gelder – das entspricht einer erneuten Zunahme um 1,6 Prozentpunkte gegenüber dem Jahresende 2017.

Das heißt aber nicht, dass es niemand besser weiß. Den Teilnehmern unserer Umfrage ist klar, dass das pure Beiseitelegen von Geld nicht zielführend ist. Denn wir haben sie auch in diesem Jahr wieder gefragt, welche Anlageformen zur Vermögensbildung oder Absicherung ihrer Meinung nach vor dem Hintergrund der niedrigen Zinsen am geeignetsten wären. Und erneut ist Beton Gold. Der Erwerb einer Immobilie steht auf Platz eins der geeigneten Maßnahmen, auch wenn die Beliebtheit gegenüber dem Vorjahr rückläufig ist. Wahrscheinlich dämpfen die gestiegenen Preise und Kaufnebenkosten den Glauben daran, sich eine Immobilie überhaupt leisten zu können. Dennoch plant ein Drittel der 20- bis 50-Jährigen den Kauf – unter den 20- bis 29-Jährigen wünschen sich sogar mehr als die Hälfte der Befragten eine Immobilie. Hier gibt es nach wie vor eine breite Zielgruppe, die von der Politik mit entsprechenden Anreizen unterstützt werden sollte. Einen Kredit für den Bau oder Kauf eines Eigenheims würden 4 von 5 Befragten aufnehmen – die Meisten in Höhe von 60 Prozent des Kaufpreises. Deutlich geringer ist dagegen die Bereitschaft, sich für eine Immobilie zu verschulden, die anschließend vermietet wird – dies würde nur gut die Hälfte der Befragten tun.

Auf Platz zwei finden wir Investment- und Immobilienfonds: 26 Prozent der Deutschen halten diese Form der Anlage für besonders geeignet angesichts niedriger Zinsen – das sind 7 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Platz drei geht an den Kauf von Aktien oder auch die Direktinvestition in Unternehmen, was für 24 Prozent der Teilnehmer infrage kommt.

Auch die Daten der Deutschen Bundesbank zeigen einen steigenden Trend zu Vermögensbildung über Aktien und Investmentfonds: 55,1 Milliarden Euro an Geldvermögen wurde von den privaten Haushalten auf diese Weise in 2017 neu gebildet.

Vor dem Hintergrund der eher gering ausgeprägten Aktienkultur in Deutschland begrüßen wir diese Entwicklung sehr. Zumal der Einstieg mittlerweile sehr einfach ist: Die Dekabank, der Fonds- und Investmentspezialist der Sparkassen-Finanzgruppe, bietet beispielsweise Wertpapierfonds ab einer monatlichen Sparrate von 25 Euro an. Damit bieten sich für alle, die langfristig sparen wollen, optimale Renditechancen. Allerdings führt uns dieser Punkt nun auch zu unserem diesjährigen Fokus-Thema: Den Anlagepräferenzen und Anlageentscheidungen von Frauen.

Wir haben uns für dieses Fokusthema entschieden, weil ihm aus unserer Sicht hohe gesellschaftspolitische Bedeutung zukommt.

Es gibt auch im 21. Jahrhundert noch die Debatte, dass Frauen in einigen gesellschaftlichen Bereichen schlicht benachteiligt sind. Dabei geht es meist um die Themen Führung, Karriere und Berufschancen. Wir wollten wissen, ob sich diese Debatte auch im Umgang mit den eigenen Finanzen widerspiegelt. In vielen finanziellen Angelegenheiten unterschieden sich Frauen und Männer kaum. So sind 62 Prozent der Frauen und 65 Prozent der Männer mit ihrer finanziellen Situation zufrieden. Zudem planen 81 Prozent der Frauen und 79 Prozent der Männer Maßnahmen zur Altersvorsorge oder haben diese bereits ergriffen. So weit, so ähnlich.

Deutliche Unterschiede zeigen sich allerdings bei den Faktoren, die für Frauen beim Vermögensaufbau eine Rolle spielen. Ihr Motto lautet: „Bloß kein Risiko eingehen“. Für 48 Prozent der Frauen ist Sicherheit das wichtigste Kriterium bei der Auswahl der Geldanlage. Bei Männern liegt der Anteil nur bei 41 Prozent. Hinzu kommt bei Frauen der deutlichere Wunsch nach Flexibilität, den 43 Prozent von ihnen hegen – vier Prozentpunkte mehr als bei den Männern. Die Rendite spielt für Frauen dagegen eine eher untergeordnete Rolle. Für nur 22 Prozent ist sie von hoher Bedeutung – bei Männer sind es 30 Prozent. Entsprechend sehen mit 22 Prozentpunkten deutlich weniger Frauen als Männer Investmentfonds als geeignete Geldanlage im Niedrigzinsumfeld an – bei den Männern sind es 29 Prozentpunkte.

Ein Grund für die Zurückhaltung dürfte sein, dass Frauen nach eigenen Angaben sehr wenig über Wertpapiere wissen. 46 Prozent der Frauen stufen ihren Kenntnisstand als schlecht oder sehr schlecht ein. Unter den Männern fehlt nach eigenen Angaben nur knapp jedem Dritten der Durchblick. Gleichzeitig schätzen 19 Prozent der Männer, aber nur 11 Prozent der Frauen ihr Wissen über Aktien gut oder sehr gut ein. Offen bleibt, ob Frauen nicht vielleicht einfach nur realistischer sind als Männer. Wir glauben: Wer weniger hat, geht in der Regel auch vorsichtiger mit einem knappen Gut um. So erklärt sich das konservativere Sparverhalten von Frauen. Damit laufen Frauen aber insgesamt eher Gefahr, dass sie auf diese Weise inflationsbereinigt schlicht Geld verlieren.

Hinzu kommt, dass aus den jetzt real bestehenden Verdienstunterschieden zwischen Frauen und Männern später eine noch viel größere Einkommensungleichheit im Rentenalter entsteht: Denn das individuelle Gehalt bestimmt maßgeblich die Höhe der späteren Rente.

Auch die niedrigere Erwerbsquote von Frauen, geringere Arbeitszeiten oder die Tätigkeit von Frauen in schlechter bezahlten Branchen spielen hier eine Rolle. Für Frauen sind zusätzliche Renten aus einer betrieblichen und privaten Altersvorsorge besonders wichtig. Wir raten unseren Kundinnen, das Beratungsangebot der Sparkassen noch stärker zu nutzen. Frauen sollten stärker darauf achten, Vermögen zu bilden und die Scheu vor renditestarken Anlageformen zu verlieren. Denn erfolgreich und sicher Vorsorgen kann jeder. Mit welcher Geldanlage nicht nur der Inflationsausgleich, sondern auch der Vermögensaufbau gelingt, ist höchst individuell und kann nur im persönlichen Gespräch optimal ermittelt werden.

Aber nicht nur die Sparkassen sind als starker Partner gefordert. Auch die Politik muss dafür sorgen, dass die Sparkultur in der „Sparernation Deutschland“ ein gesundes Fundament erhält. Denn wir stehen vor großen Herausforderungen. Zwar zeichnet sich mit der Zinswende im kommenden Jahr eine Straffung der Geldpolitik der EZB ab. Die Sparer in Deutschland werden davon aber nicht unmittelbar profitieren können. Zudem prognostiziert der IWF für Deutschland und den Euroraum einen Anstieg der Teuerungsrate auf bis zu 2,6 Prozent im Jahr 2023 – mit weitreichenden Auswirkungen.

Während das Vermögen privater Haushalte dadurch tendenziell trotz Sparanstrengungen entwertet wird, ergeben sich positive Effekte auf den Staatshaushalt.

  • Wir fordern von der Politik, dass diese positiven Haushaltseffekte zum Beispiel über Investitionen an die Bürger weitergereicht werden.

Die große Koalition hat bereits signalisiert, dass die erwarteten steigenden Steuereinnahmen insbesondere zur Bekämpfung der kalten Progression eingesetzt werden sollten. Das ist ein guter, erster Schritt.

  • Zudem muss nachhaltiges Wachstum generiert werden. Zu schaffen ist dies durch einen Dreiklang aus Schuldenabbau, Entlastungen für die Bürger und Investitionen in die Wirtschaftsstruktur.

Insofern sollten derzeit staatliche Mehreinnahmen insbesondere für Investitionen verwendet werden. Das empfiehlt auch die Europäische Kommission im Rahmen der Länderspezifischen Empfehlungen für 2019.

  • Außerdem müssen Preisniveaustabilität sowie der nachhaltige Abbau der öffentlichen Verschuldung weiterhin angestrebte Ziele im internationalen Kontext sein.

Nur so gelingt es, die robuste Sparkultur der privaten Haushalte in Deutschland beizubehalten – mit stabilen Sparquoten und dem anhaltenden Wunsch nach Vermögensbildung.